In der Triathlon-Krise: Ist man auch ohne Wettkampfpläne noch Triathletin oder Triathlet?

„Weiter, immer weiter!“ lautet das gängige Motto im Triathlon. Grundsätzlich gut. Aber was, wenn man sich irgendwie nicht nach „Weiter“ fühlt – weil die (realistischen) Ziele fehlen? Wie hält man in Krisenzeiten die Liebe zum Sport frisch? Und ist man auch Triathletin oder Triathlet, wenn man mal keine konkreten Race-Pläne hat?

Rückschau: Die letzten drei Jahre waren verrückt. Wenn ich heute darüber nachdenke, wie meine persönliche Triathlonreise als Thirty-Something losging und verlief, muss ich mich manchmal kneifen. Aus dem Nichts angefangen, ein paar Olympische und zwei Mitteldistanzen ins Ziel gebracht und irgendwie in die ganze Nummer reingerutscht – Triathlon, du hast mein Herz im Sturm erobert.

Dennoch: Jetzt, im verflixten vierten Jahr, scheint es, als sei die Luft raus. Wir stecken in der ersten Krise, unsere Beziehung hat sich verändert. Frage in die Runde: Ist es normal, dass man nach ein paar Jahren des ständigen Weiters plötzlich in diesen Zustand gerät? Geht es anderen Triathletinnen und Triathleten da draußen, die das Ganze schon seit Jahren machen, eigentlich auch ab und an so? Dass es Saisons gibt, in denen man es ruhiger oder eben gar nicht angehen lässt? Und wie zündet man das alte Triathlon-Feuer wieder an?

Die Liebe zum Triathlon – letztes oder neues Kapitel?

Wie der Triathlon und ich in diese Beziehungskrise gerutscht sind, ist schnell skizziert: Als ich anfing, mit dem Triathlon zu flirten, war alles neu, aufregend und unwahrscheinlich. Eine fabelhafte Eigenschaft dieses wahnsinnig attraktiven Sports zeigte sich schnell: Wenn man klein anfängt, kann man sich im Triathlon gut weiterentwickeln und ständig neu (heraus-)fordern. Das lässt die ganze Nummer ziemlich lang ziemlich spannend bleiben.

Sicher, ich musste coronabedingt gut eineinhalb Jahre bis zum ersten Höhepunkt, meinem ersten Triathlon (OD), warten. Aber bis dahin war das Ziel sehr klar. Schon bevor ich es überhaupt erreicht hatte, wusste ich, dass ich danach noch einen Schritt weitergehen könnte – und meldete mich für die erste Mitteldistanz an. Es folgte Nummer eins, Nummer zwei und die Erkenntnis: Langdistanz wäre für die nächsten Saisons logisch, aber in puncto Leistungsfähigkeit und Zeitkapazitäten fürs Training völlig unmöglich. Bis hierhin und nicht weiter. Ende der Geschichte. Oder war das bloß das Ende von Kapitel eins?

Triathletin oder Triathlet bist du, wenn …

Zur Wahrheit gehört: Für 2023 habe ich zum ersten Mal seit Jahren bislang kein einziges Rennen gemeldet (Stand: März) – und meine Trainingsstunden „so far“ lassen sich an einer Hand abzählen. Und, nein, auch einen langfristigen X-Jahres-Plan gibt es nicht. Vor allem, weil es in den letzten Monaten eben einfach Wichtigeres gab, als zu trainieren. Unter anderem: Leben. Und das war so fordernd, dass Triathlon oder zumindest das eigene Training plötzlich nichtig wirkte. Es gab Größeres, Existenzielleres. Und jetzt bin ich auf ganzer Linie ziellos. Habe ich also überhaupt noch das Recht, mich Triathletin zu nennen?

Fakt ist: In kaum einer Sportart definiert man sich so schnell über Startplätze. „Und wo startest du in diesem Jahr?“ ist die obligatorische Frage im Gespräch mit anderen Triathletinnen und Triathleten. Je nach Antwort entsteht schnell ein Bild des Gegenübers:

„Ich starte beim Challenge Roth!“ -> Krasser Typ!
„Ich starte beim Ironman Frankfurt!“ -> Hat Hawaii im Blick!
„Ich starte beim Stadttriathlon Erding!“ -> Ist gerne an der Basis!
„Ich starte beim Allgäu Triathlon!“ -> Kennt die Szene und weiß, was gut ist!

Aber wer ist man eigentlich noch, wenn man in einem Jahr darauf keine oder bloß eine schwammige Antwort hat?

Schluss mit dem After-Race-Blues!

Und während ich so darüber nachdenke, … bemerke ich, dass ich in derselben Zeit sicher die eine oder andere qualitativ hochwertige Trainingseinheit hätte absolvieren können. Vielleicht ist das alles also keine Beziehungs- oder Identitäts-, sondern vielmehr ein Trainingskrise. Ich muss mir selbst erst einmal wieder beibringen, was die „beauty of triathlon training“ eben auch ist: ein Glückshormon-Booster, der tatsächlich für einen klaren Kopf und dadurch quasi von selbst für Motivation sorgt. Weiß ich doch aus eigener Erfahrung. So what?

„Get! Shit! Done!“ – tippe ich und nehme den Trainingsvorschlag aus meinem nach wie vor still vor sich hinlaufenden Trainingsplan an. Einfach mal machen, könnte gut werden.

In diesem Sinne: Bin dann mal laufen!

Auf bald,
Lena

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