Buchbesprechung: Die Neuentdeckung der Schöpfung

Dieser Beitrag enthält eine Rezension (Rezensionsexemplar erhalten) und Links. Mehr dazu hier.

Das schöne am Bloggen ist, dass ich immer wieder auf Themen stosse, die ich selbst nie gefunden hätte. Was fällt Dir z.B. als erstes ein, wenn wir über Zukunftstechnologien sprechen? Künstliche Intelligenz? Robotik? Mir kamen auf jeden Fall spontan diese Begriffe in den Sinn. Aber hast Du schon einmal etwas von synthetischer Biologie gehört?

Als ich „Die Neuentdeckung der Schöpfung“ von Amy Webb und Andrew Hessel das erste Mal in die Hand nahm, war ich auf diesem Gebiet quasi noch ein Frischling. Nach der Lektüre der gut 400 Seiten kann ich mir gut vorstellen, weshalb dieses Thema unsere Zukunft massgeblich beeinflussen wird.

Der Inhalt

Dieses Buch ist definitiv keine Gute-Nacht-Lektüre. Einerseits ist es dafür fast ein bisschen zu schwer und zu umfangreich. Vor allem möchte ich mit diesem Satz aber auf den Inhalt anspielen. Man merkt den Autoren nämlich ihren wissenschaftlichen Hintergrund an – darauf weisen schon die umfangreichen Endnoten (fast 40 Seiten!) hin. Dabei schaffen sie es dennoch, in einer Sprache zu sprechen, die auch einen interessierten Laien (wie mich) zuerst sorgsam in die Thematik einführt und anschliessend voller Schwung mitreisst.

Auf welche Weise sollten Unternehmen mit konstruierten Zellen Geld verdienen können? Wie lässt sich gewährleisten, dass ein synthetischer Organismus nicht unbeabsichtigt aus einem Labor entweicht? Welche Änderungen würden Sie vornehmen, wenn Sie Ihren Körper neu programmieren könnten?

Aus „Die Neuentdeckung der Schöpfung“

Für mich persönlich hätten es zum Teil etwas weniger Hintergrundinformationen getan. Oft führen die Autoren sehr umfangreiche Beispiele an oder gehen bei bestimmten Themen (z.B. wer wann das menschliche Genom entschlüsselt hat) sehr ins Detail. Wenn man sich nicht ganz so brennend wie sie für das Thema interessiert, hätte auch ein bisschen weniger Tiefe gereicht.

Im ganzen ersten Teil erfährst Du so, was sich überhaupt hinter dem Begriff „synthetischer Biologie“ versteckt, wo diese herkommt und was damit möglich ist.

Es mag nach einer schlechten Idee klingen, den Neandertaler wiederauferstehen zu lassen, aber was, wenn wir nur ein paar Neandertaler-Gene borgen könnten, um bei uns selbst an einigen Stellschrauben zu drehen?

Aus „Die Neuentdeckung der Schöpfung“

Insbesondere der zweite Teil des Buches war für mich persönlich äusserst spannend und auch etwas leichter zu lesen. Darin werden unter anderem 9 grosse Risiken aufgezählt. Abgesehen von der wissenschaftlichen Schreibweise ist dies der zweite Grund, weshalb ich das Buch nicht vor dem Zu-Bett-Gehen lesen würde: Viele Zukunftsszenarien sind durchaus sehr düster und während es insbesondere beim Thema Medizin und Altern sehr grosse Fortschritte gibt, so wirken die Risiken z.T. wirklich gruselig. Wie wäre es z.B. die Neandertaler wieder auferstehen zu lassen? Oder Menschen mit Affen zu kreuzen? Oder Biowaffen herzustellen, die gezielt nur manche Menschen umbringen?

In Kombination mit IVF-Behandlungen könnte dieses Screening bedeuten, dass künftige Generationen chinesischer Staatsbürger gesünder und klüger als der Rest der Weltbevölkerung wären. Sie könnten ausdauernder sein, über bessere sensorische Fähigkeiten verfügen und deutlich weniger anfällig für Krankheiten sein.

Aus „Die Neuentdeckung der Schöpfung“

Der letzte Part des Buches war äusserst unterhaltsam verfasst. Die Autoren zeigen 5 Szenarien auf, wie unsere Zukunft aussehen könnte. Dabei verlassen sie den „Wissenschaftsecken“ komplett und haben diese sehr kreativ geschildert – sei dies durch die Augen eines Bloggers, die Werbung eines Unternehmens oder bestimmte Restauranttipps.

Auch wenn dies amüsant zu lesen war, so empfand ich auch diese Szenarien eher als gruselig. Vielleicht höre ich mich nun ein bisschen wie eine alte Frau an, die gegen das Internet wettert – aber nach der Lektüre war ich tatsächlich ziemlich gegen die synthetische Biologie eingestellt. Diese Zukunftsperspektiven wirkten einfach viel zu fremd auf mich und dadurch erscheinen mir die Risiken auch nicht wirklich erstrebenswert.

Beunruhigender war indes ein anderer Meilenstein der Biologiegeschichte: 2021 züchteten im kalifornischen La Jolla Forscher des Salk Institute for Biological Studies Makaken-Embryos, denen man menschliche Stammzellen injiziert hatte. Man liess sie 20 Tage heranwachsen, bevor man sie tötete. Wir sprechen hier nicht von einer Ratte und einer Maus. Bei diesem Experiment ging es um zwei eng verwandte Primaten.

Aus „Die Neuentdeckung der Schöpfung“

Unabhängig davon, ob ich diesen Forschungszweig nun gut finde oder nicht – er existiert und es ist daher sicherlich sinnvoll, sich damit zu befassen und sich zu informieren. Daher kann ich dieses Buch auf jeden Fall weiterempfehlen – sicherlich nicht als Wohlfühllektüre – aber statt dessen als Must-Read im Bereich Zukunftstechnologien.

Dieser Artikel erschien auf www.eigenerweg.com / Vielen Dank an den PLASSEN Verlag für das Rezensionsexemplar. Fotos von mir selbst.

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