Unser Ultramarathontraining mit der Run and Walk-Methode

Eine Läuferin läuft auf einem Weg auf den Sonnenuntergang zu.

Die Run and Walk-Methode, nach ihrem Entwickler Jeff Galloway auch als „Galloway-Methode“ bekannt, ist vor allem für den Einstieg ins Laufen beliebt. Sie eignet sich perfekt, um Grundlagenausdauer aufzubauen und sich nach und nach an immer längere Laufdistanzen heranzutasten.

Aber auch im Marathon- und Ultramarathontraining kann sie sinnvoll eingesetzt werden und für Abwechslung und neue Trainingsreize sorgen. In diesem Beitrag erfährst du, wie ich die Run and Walk-Methode für mich entdeckt habe, welche Vorteile sie bietet und wie Katrin und ich sie für unsere Vorbereitung auf den Berliner Mauerweglauf nutzen.

Mein Weg zur Run and Walk-Methode

Gehpausen beim Laufen? Das war lange Zeit ein absolutes No-Go für mich. Die Uhr läuft ja schließlich weiter, und überhaupt bin ich doch kein Walker, sondern ein Läufer!

Gehpausen waren für mich der Inbegriff des Scheiterns: Wenn mir beim Marathon mal wieder jemand den Stecker gezogen hatte und ich zum ersten Mal an einer Verpflegungsstelle ins Gehen wechselte, wusste ich: Das wird heute nichts mehr.

Gehen als bewusster und gewollter Bestandteil des Lauftrainings? Für Lauf-Neulinge, die erstmal Kondition aufbauen wollten, fand ich das total sinnvoll. Aber doch nicht für einen gestandenen (Ultra-)Marathonläufer wie mich!

Das Umdenken kam erst viele Jahre später, und wie so oft im Leben durch einen Anstoß von außen: Unsere Freunde Franzi und Daniel von Laufen Liebe Erdnussbutter fragten uns, ob wir bei ihrem selbst organisierten Backyard Ultra im Frankfurter Stadtwald dabei sein wollten.

Katrin und ich waren sofort begeistert von dieser Herausforderung und sagten zu – und dann fing ich an, darüber nachzudenken, wie man sich am besten auf so ein Event vorbereiten könnte.

Run and Walk beim Backyard Ultra

Bei einem Backyard Ultra startet man zu jeder vollen Stunde auf eine 6,7 km lange Runde – so lange, bis nur noch ein Läufer oder eine Läuferin übrig ist. Es bringt keinen Vorteil, schneller zu laufen als die anderen, weil man ja in jedem Fall erst nach 60 Minuten in die nächste Runde gehen kann.

Die beste Strategie erschien mir deshalb, die 6,7 km jeweils mit möglichst geringem Kraftaufwand zurückzulegen und mir Zeit zu lassen. So kam ich auf die Idee, die Run and Walk-Methode anzuwenden und immer abwechselnd einen Kilometer zu laufen und einen Kilometer zügig zu gehen.

Das probierte ich dann direkt mal im Training aus und war überrascht, wie problemlos ich auf diese Weise 50 Kilometer zurücklegen konnte … natürlich wurde es irgendwann anstrengend, aber die Belastung für den Körper war eindeutig weniger hoch als bei einem „normalen“ langen Lauf über 30 – 35 Kilometer.

Und weil ich durch die größere Distanz ganz neue Laufstrecken erkunden konnte, fühlte sich die Einheit an wie ein kleines Outdoor-Abenteuer und machte mir richtig Spaß!

Beim Backyard Ultra selbst ging meine Rechnung dann voll auf. Ich legte insgesamt 15 Runden (also 100 Kilometer) zurück und es lief so gut, dass ich nach mehr als 93 Kilometern noch Kraft und Lust für eine schnelle letzte Runde hatte und mit einer 4:40er Pace durch den mitternächtlichen Frankfurter Stadtwald düste.

So nahe war ich dem sagenumwobenen Runner’s High wahrscheinlich noch nie, und das alles dank Run and Walk!

Was sind die Vorteile der Run and Walk-Methode?

Auf seiner Website nennt Jeff Galloway die folgenden Prinzipien und Vorteile der Run and Walk-Methode:

  • eine kontinuierliche Beanspruchung der Muskulatur führt zu schnellerer Ermüdung
  • je länger die Laufabschnitte sind, desto größer ist die Ermüdung
  • Laufen – Gehen – Laufen ist eine Form des Intervalltrainings
  • Einsparung von Ressourcen (Kräfte schonen)
  • schnellere Erholung im Vergleich zum kontinuierlichen Laufen
  • weniger Belastung der „schwachen Kettenglieder“ (d.h. der verletzungsanfälligen Schwachstellen des Körpers wie Sehnen, Gelenke usw.)
  • Die Möglichkeit, einen Endorphinausstoß zu genießen
  • Senkung der Körpertemperatur (während der Gehpausen)

Wie bereits erwähnt, wird die Methode vor allem für den Laufeinstieg empfohlen, aber Galloway setzt sie als Coach auch bei erfahrenen Läufer:innen ein und ist überzeugt davon, dass sie sich sogar für Bestzeiten eignet. Mangels eigener Erfahrung kann ich dazu nichts sagen, aber ich bin inzwischen überzeugt davon, dass sich lange bis sehr lange Läufe mit Gehpausen großartig für die Vorbereitung auf einen Ultramarathon eignen.

Katrin und ich setzen die Run and Walk-Methode aktuell in unserer Vorbereitung auf den Berliner Mauerweglauf ein (mehr dazu gleich), und zwar aus folgenden Gründen:

#1: Realistische Bedingungen im Training

Der Wechsel zwischen Gehen und Laufen ist genau das, was uns auch beim Ultramarathon erwartet. Wir werden die 87 (Daniel) bzw. 73 Kilometer (Katrin) höchstwahrscheinlich nicht am Stück laufen, sondern immer mal wieder gehen – zum Beispiel an den Verpflegungspunkten, bei Anstiegen oder wenn uns gegen Ende vielleicht auch einfach die Kraft ausgeht.

#2: „Anlaufen“ nach Verpflegungspausen

Bei Ultramarathons ist es nicht unüblich, sich bei Verpflegungsstellen etwas Zeit zu lassen, um zu essen und zu trinken, die Füße zu „verarzten“ oder ein frisches Laufshirt anzuziehen. Der Kreislauf fährt bei diesen Pausen runter und es kann richtig schwierig sein, anschließend wieder in den Laufrhythmus reinzufinden. Genau dieses „Anlaufen“ trainieren wir bei unseren langen Run and Walks immer wieder.

#3: Längere Trainingsdauer

Durch die Gehpassagen sind wir bei unseren Trainingsläufen insgesamt deutlich länger unterwegs. Für einen 30km Lauf in der Marathonvorbereitung braucht Katrin zum Beispiel ungefähr 2 Stunden und 50 Minuten (bei einer Pace von 5:45 min./km). Bei einem Run and Walk über die gleiche Distanz mit 6 Geh-Kilometern ist sie hingegen ca. 25 Minuten länger unterwegs.

Dieses „Mehr“ an Zeit auf den Beinen bereitet uns optimal auf den Ultramarathon vor, bei dem wir ja nochmal deutlich länger in Bewegung sein werden.

#4: Kräfte richtig einteilen

Beim Ultramarathon ist es extrem wichtig, mit den Kräften hauszuhalten. Gerade für uns als ambitionierte Straßenläufer, die jahrelang Bestzeiten gejagt haben, kann es schwierig sein, sich bewusst zurückzuhalten und auf die Bremse zu treten. Die Gefahr ist deshalb groß, dass wir uns von der Atmosphäre und den Endorphinen mitreißen lassen und dann auf der zweiten Rennhälfte die Quittung bekommen.

Bei unseren Run and Walk-Läufen können wir uns daran gewöhnen, langsamer als sonst voran zu kommen, uns Zeit zu lassen und uns nicht vom Blick auf die Uhr bzw. Pace verrückt machen zu lassen.

#5 Unkomplizierte Energiezufuhr

Je länger die Renndistanz, desto mehr Bedeutung kommt der Energie- und Flüssigkeitszufuhr während des Laufens zu. Wir werden während des Ultramarathons tausende Kilokalorien verbrennen und mehrere Liter Flüssigkeit ausschwitzen, und deshalb müssen wir bereits im Training verschiedene Verpflegungsstrategien ausprobieren.

Die regelmäßigen Gehpausen beim Run and Walk eignen sich dafür perfekt, denn hier können wir in aller Ruhe mit Snacks und Getränken experimentieren – und das unter realistischen Bedingungen, denn auch beim Ultramarathon werden wir überwiegend im Gehen und Stehen (an den Verpflegungspunkten) Nahrung zu uns nehmen.

So setzen wir Run and Walk derzeit ein

Vor einigen Monaten haben wir uns aus einer Laune heraus dazu entschieden, uns als Zweierstaffel beim Berliner Mauerweglauf anzumelden. Dort waren wir in 2022 erstmals als Teil einer Viererstaffel dabei, und der Lauf hat uns mit seinem Hintergrund und den inspirierenden Leistungen der Teilnehmer gleich in seinen Bann gezogen.

Bei der Zweierstaffel gibt es einen Abschnitt von 87 Kilometern, den ich in Angriff nehme, und einen Abschnitt von 73 Kilometern, auf dem Katrin unterwegs sein wird. Für uns beide wird es (abgesehen vom oben erwähnten Backyard Ultra) die längste Laufdistanz unseres Lebens, und wir spüren deshalb einen gesunden Mix aus Vorfreude und Respekt vor dieser Herausforderung.

Der Mauerweglauf ist ein wunderbares Gemeinschaftsprojekt für uns, und die Run and Walk-Methode gibt uns die Möglichkeit, uns sogar gemeinsam darauf vorzubereiten! Neben unserem Grundlagentraining versuchen wir, einen langen Run and Walk pro Woche unterzubringen, und dabei schrittweise die Distanz zu steigern: Wir waren bereits zweimal 30 sowie einmal 35 Kilometer unterwegs, und wollen uns auch noch an 40 bzw. 45 Kilometern versuchen.

Wir haben uns dabei für die Strategie entschieden, jeweils 4 Kilometer zu laufen und anschließend einen Kilometer zu gehen, weil wir auch beim Mauerweglauf in etwa dieses Verhältnis anpeilen – aber natürlich sind auch andere Intervalle denkbar. Bei unserem letzten Lauf haben wir uns beispielsweise auch am Streckenprofil orientiert, hatten teilweise längere Laufphasen und sind dafür dann bei den Anstiegen und auf schwierigem Untergrund auch mal länger als einen Kilometer gegangen.

Ob unser Trainingskonzept aufgeht wird sich am 12. August in Berlin zeigen, und natürlich werden wir dann im beVegt-Podcast ausführlich berichten.

Ich freue mich jedenfalls, wenn ich dir mit diesem Beitrag Lust machen konnte, auch mal zu einem langen Run and Walk aufzubrechen! Und wenn du deine Erfahrungen mit uns teilen möchtest oder noch eine Frage hast, dann schreib gerne einen Kommentar – ich freue mich, von dir zu hören!

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Der Beitrag Unser Ultramarathontraining mit der Run and Walk-Methode ist zuerst auf beVegt – vegan leben und laufen erschienen.

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