Der Survival-Guide für den langen Lauf

Ein Waldweg

Wenn du dich auf einen Halbmarathon oder Marathon vorbereitest, dann ist der lange Lauf deine wichtigste Trainingseinheit. Ganz egal ob du „einfach nur“ gesund im Ziel ankommen möchtest oder deine persönliche Bestzeit unterbieten willst: Wenn du die langen Läufe schwänzt, wirst du es im Wettkampf verdammt schwer haben! Und der Spaß wird leiden … ja, ich weiß wovon ich spreche!

Lange Läufe sind aber nicht nur die wichtigste Einheit im (Halb-)Marathontraining, sondern sie stellen für viele Läufer auch die größte körperliche und mentale Herausforderung dar.

Selbst wenn du dein großes Ziel fest vor Augen hast, musst du erstmal die Motivation aufbringen, dich jedes Wochenende aufzuraffen und 20, 25, 30 oder sogar noch mehr Kilometer abzuspulen – und das häufig alleine und ohne dass irgendjemand davon Notiz nimmt oder dich gar anfeuert.

Der Lange Lauf: Vom Feind zum Freund

Ich selbst hatte früher oft regelrecht Angst vor dem langen Lauf. Es gab Tage, da habe ich den den Lauf so lange vor mir hergeschoben bis ich mich schließlich fast beeilen musste, um noch im Hellen nach Hause zu kommen oder mein „Date“ mit dem Tatort am Sonntagabend einzuhalten.

Heute ist das glücklicherweise anders. Ich sehe meinen langen Läufen jetzt viel entspannter entgegen und freue mich oft sogar darauf, mehrere Stunden lang draußen in der Natur unterwegs sein zu können, meinen Körper zu spüren und Zeit für mich und meine Gedanken zu haben.

Meistens mache ich mich direkt nach einem kleinen Frühstück auf den Weg, um im Anschluss noch etwas vom Tag zu haben. Es gibt doch nicht viel Besseres, als nach einer ausgedehnten Laufrunde frisch geduscht mit einem guten Buch auf der Couch zu sitzen und dabei eine Tasse Tee, einen leckeren Kaffee, einen Smoothie oder ein alkoholfreies Bier zu schlürfen.

Damit auch du dir den langen Lauf vom Feind zum Freund machen kannst, habe ich diesen „Survival-Guide“ für dich geschrieben. Ich stelle dir die größten Schwierigkeiten und Hindernisse vor, die dir bei deinen langen Läufen begegnen können – und zeige dir, wie du sie überwindest.

Los geht’s!

#1 Die richtige Ernährungsstrategie vor dem Lauf

Die Ernährungsstrategie für deinen langen Lauf startet bereits am Vortag. Am Abend vor dem langen Lauf kannst du dir zum Beispiel ein Gericht nach unserer Lieblings-Rezepte-Formel A Grain, a Green and a Bean zubereiten. Setze den Fokus auf den Kohlenhydratanteil und vergrößere gerne deine Portion Pasta, Reis oder Kartoffeln. Du musst es aber auch nicht übertreiben. Ein langer Lauf ist keine mehrtägige Expedition, und eine normal große Portion ist absolut ausreichend. Übrigens sind lange Läufe eine perfekte Gelegenheit, Ernährungsstrategien für den Wettkampftag zu testen, und das gilt auch für das Essen am Vorabend.

Vergiss auch nicht, ausreichend zu trinken. Das gilt theoretisch für jeden Tag, aber gerade in einen langen Lauf möchtest du wirklich nicht mit einem Flüssigkeitsdefizit starten.

Wenn du direkt morgens laufen gehst, kannst du mit einem leichten Frühstück wie z.B. einem Bircher MüsliOvernight OatsBananenmus oder einem Porridge eine gute Grundlage schaffen. Eine noch leichtere Alternative wäre eine Banane, wahlweise mit einem Löffel Nussmus, oder eine mit Erdnussmus bestrichene und mit Bananenscheibchen belegte Reiswaffel. Wenn du morgens gar nichts runterkriegst, dann versuche, spätestens nach den ersten Kilometern eine Kleinigkeit zu dir zu nehmen.

Gehst du erst nachmittags oder abends laufen, dann verzichte auf ein üppiges Mittagessen und setze stattdessen auf kleine Mahlzeiten, die deinen Magen-Darm-Trakt nicht zu sehr belasten. So reicht unmittelbar vor deinem Lauf noch ein kleiner Snack wie z.B. ein Smoothie oder eine Banane oder ein paar Reiswaffeln mit Nussmus (siehe oben), um startklar zu sein.

#2 Die richtige Ernährungsstrategie während des Laufs

Was die Verpflegung während deiner langen Läufe betrifft empfehle ich dir, lieber etwas mehr als zu wenig mitzunehmen. Das gilt gerade für deine ersten langen Läufe, wenn du noch keine Erfahrungswerte sammeln konntest, wie viel Energie du unterwegs zu dir nehmen musst.

Aber was eignet sich überhaupt als Verpflegung während des langen Laufs? Ich selbst habe zum Beispiel ein paar gekaufte Energiegele dabei, die ich je nach Bedarf etwa alle 10 km zu mir nehme.
Natürliche Alternativen zu gekauften Energiegelen sind Datteln oder andere Trockenfrüchte wie Aprikosen oder Rosinen, Pellkartoffeln mit Salzkruste, selbstgemachte Energieriegel oder auch Toast mit Erdnussbutter und Marmelade. Andere Läufer:innen stellen sich ihr Energiegel selbst hier, und du findest hier auf beVegt z.B. ein Rezept für ein Schoko-Energiegel und ein Bananen-Energiegel.

Mein Tipp: Je nach persönlichen Vorlieben und Länge deines Laufs funktionieren unterschiedliche Lebensmittel besser und schlechter. Probiere verschiedene Dinge aus und notiere dir, was für dich gut und weniger gut geklappt hat! Nach ein paar Versuchen weißt du, was du verträgst und – mindestens genauso wichtig – was du auch nach zwei Stunden oder mehr und im erschöpften Zustand noch gut runter bekommst.

Auf jeden Fall ganz wichtig: Du solltest nicht erst dann mit der Energiezufuhr beginnen, wenn du schon unterzuckert bist. Dann ist es nämlich viel schwieriger, deinen Blutzuckerspiegel wieder in den grünen Bereich zu bringen. Überlege dir stattdessen schon vor dem Lauf eine Verpflegungsstrategie und nimm dir zum Beispiel vor, alle 8-12 km (je nach deinem persönlichen Lauftempo) etwas zu dir zu nehmen.

In den folgenden Beiträgen haben wir noch mehr Infos zur Ernährung vor und während deiner Läufe für dich zusammengetragen:

#3 Die Flüssigkeitsversorgung

Die wenigsten von uns haben das Glück, bei ihren langen Läufen einen „Wasserträger“ an ihrer Seite zu haben. Es gibt durchaus Läufer:innen, die ihre Laufroute so planen, dass sie alle paar paar Kilometer an Kiosken, Supermärkten oder Tankstellen vorbeikommen und sich bei Bedarf dort ein Getränk kaufen (etwas Kleingeld, deine EC-Karte oder ein Smartphone mit Bezahlmöglichkeit nicht vergessen). Für mich ist das persönlich nichts, ich möchte lieber unabhängig sein.

Deswegen gibt es eine bessere Alternative: Hab deine Getränke am Körper dabei. Dafür gibt es Trinkrucksäcke, Trinkwesten oder Trinkgürtel, die nicht nur genügend Platz für deine Getränke bieten, sondern auch über Taschen für Gel, Riegel, Schlüssel und Smartphone verfügen.

Egal für was du dich entscheidest: Dein Rucksack, deine Weste oder dein Trinkgürtel muss gut sitzen und darf auch bei stundenlanger Belastung nicht scheuern (sonst macht die Dusche nach dem Lauf keinen Spaß). Am besten trägst du in einem Geschäft oder auf einer Messe mal verschiedene Modelle Probe, bevor du deine Entscheidung fällst.

Und was solltest du beim langen Lauf trinken? Neben Wasser pur oder versetzt mit einer Prise Salz und etwas Maltodextrin* gibt es auch fertige Kohlenhydratmischungen*, die du dem Wasser beigibst, oder Elektrolyttabletten*, um den Verlust von Natrium, Calcium, Kalium und Magnesium direkt auszugleichen (was besonders an heißen Tagen sinnvoll sein kann).

Noch mehr Tipps für die Flüssigkeitsversorgung während deiner langen Läufe findest du in unserem Trink-Leitfaden für Läufer:innen.

#4 Abwechslungsreiche Laufstrecken

Nichts ist so langweilig wie Monotonie. Und damit meine ich, zum Beispiel jede Woche die gleiche Laufstrecke zu laufen. Versteh mich nicht falsch – wenn das genau dein Ding ist und du nur die Kilometer abspulen willst, dann bleib dabei.

Ich selbst freue mich aber immer richtig darauf, bei meinen längeren Läufen neue Strecken auszuprobieren und in Gegenden zu kommen, wo ich bisher noch nicht oder nur selten war. Deswegen erstelle ich mir für meine langen Läufe häufig eine Route, die ich zuvor noch nie gelaufen bin, und lasse mich dabei von den Laufrouten anderer Läufer:innen auf Strava inspirieren.

Oder ich nutze die Funktion meiner Laufuhr und lass mir automatisch eine neue Route nach meiner Kilometervorgabe erstellen – so lerne ich garantiert eine neue Strecke kennen und der lange Lauf wird zum kleinen Alltags-Abenteuer in der näheren Umgebung.

#5 Motivationstipps für deinen langen Lauf

Der lange Lauf wird dich sicher vor die ein oder andere körperliche und mentale Herausforderung stellen. Mit jedem Kilometer werden deine Beine etwas schwerer, und irgendwann fangen deine Füße an zu schmerzen und du sehnst den Moment herbei, an dem du wieder zu Hause ankommst und endlich stehen bleiben kannst.

Es ist deshalb wichtig, dass du dir eine gute Motivationsstrategie für deine langen Läufe zurechtlegst. Hier sind unsere besten Motivationstipps (aus unserem FINISHER-Paket):

Tipp Nr. 1: Such dir eine schöne Laufstrecke aus!

Ein langer Lauf gibt dir die Möglichkeit, aus deinem gewohnten Laufterrain auszubrechen und auch mal etwas anderes zu sehen als deine zwei oder drei Hausstrecken.

Nutze diese Gelegenheit und stell dir eine schöne lange Laufrunde zusammen, die dich zum Beispiel an einem Fluss entlang, durch den Wald oder durch blühende Felder führt. Du kannst auch mit der Bahn oder dem Bus ein Stück rausfahren und dann von dort nach Hause laufen.

Auf diese Weise wird dein langer Lauf zu einem Ausflug, auf den du dich freuen kannst!

Tipp Nr. 2: Denke positiv!

Jaja, wir wissen es: positiv denken ist leichter gesagt als getan – vor allem wenn deine Füße schmerzen, deine Oberschenkel brennen, deine Zunge am Gaumen klebt und du noch kilometerweit von der Dusche, einem alkoholfreien Bier und deiner Couch entfernt bist.

Aber was ist die Alternative? Negativ denken? Dadurch wird dir der Weg wahrscheinlich nur noch länger erscheinen. Deshalb bleiben wir bei unserer Empfehlung: Denke positiv!

Hier sind ein paar Ideen:

  • Freu dich darüber, dass du unverletzt bist und laufen kannst.
  • Denke an dein großes Ziel. Stell dir vor, wie du über die Ziellinie läufst und dabei die geballten Fäuste in den Himmel streckst und einen Freudenschrei loslässt (siehe auch Tipp Nr. 4).
  • Denk daran, wie stolz du nach dem Lauf auf dich sein wirst, und wie dich deine Freunde bewundern werden, wenn du später auf Facebook darüber berichtest.
  • Sag dir ein positives Mantra auf, das du dir vorher zurecht gelegt hast.
  • Denk an ein irgendetwas Schönes – es muss gar nichts mit dem Laufen zu tun haben. Dein letzter oder nächster Urlaub, deine Familie, deine besten Freunde … Hauptsache es zaubert dir ein Lächeln aufs Gesicht.

Aber genau genommen brauchst du ja gar keinen Grund, um zu lächeln. Lächle einfach so und stell dir vor, wie dein Lächeln deinen ganzen Körper ergreift und alles plötzlich einfacher ist.

Halte dich an das Motto der mehrfachen Ironman-Weltmeisterin Chrissie Wellington: „Gib niemals auf – und lächle!“

Tipp Nr. 3: Genieße es, lange draußen zu sein!

Wünschst du dir jede Woche von Montag bis Freitag, dass du mehr Zeit draußen in der Natur statt an deinem Schreibtisch im stickigen Büro verbringen könntest?

Beim langen Lauf geht dein Wunsch endlich in Erfüllung!

Freu dich im Frühling über die ersten Blumen, im Sommer über die kühle Waldluft, im Herbst über den Geruch von nassem Laub und im Winter über den knirschenden Schnee unter deinen Füßen. Genieße den Wind, der dir um die Ohren pfeift, den Regen, der auf deine Arme prasselt und das Gefühl von Sonnenstrahlen auf deiner Haut.

Das sind alles Dinge, die du im Büro vergeblich suchen wirst. Und bei deinem langen Lauf bekommst du gleich eine extragroße Dosis davon!

Tipp Nr. 4: Visualisiere deinen Zieleinlauf!

Stell dir vor, wie du auf die Zielgerade einbiegst. Die Menschen am Straßenrand rufen deinen Namen, die Musik und der Lärm der Anfeuerungen wird immer lauter.

Das ist der Moment, auf den du so lange hingearbeitet hast. Jetzt gibt es keinen Zweifel mehr, dass du es schaffen wirst. Du wirfst einen letzten Blick auf deine Uhr und siehst, dass es eine traumhafte Zeit wird. Das Publikum peitscht dich voran, der Zielbogen zieht dich an wie ein Magnet.

Die letzten Meter jetzt, nur noch etwa 20 Schritte … nur noch 10, nur noch 3, 2, 1 – und du bist im Ziel. Du hast es getan. Du hast allen gezeigt, dass du es kannst. Du bist ein Finisher!

Bekommst du bei dieser Vorstellung eine Gänsehaut? Dann lass sie vor deinem inneren Auge ablaufen, wenn du beim langen Lauf in einem Tief steckst. Das kann ungeahnte Kräfte freisetzen!

Tipp Nr. 5: Bereite ein leckeres Essen vor!

Glaub uns: Es gibt kaum etwas besseres, als nach einem langen Lauf eine leckere, sättigende Mahlzeit zu sich zu nehmen.

Wir kochen am Vorabend meistens eine doppelte Portion – dann müssen wir uns nach dem Laufen nicht mehr lange in die Küche stellen, sondern können das Essen einfach schnell aufwärmen. Manchmal bereiten wir auch einen Auflauf vor, den wir dann nur noch in den Ofen schieben müssen.

Das ist vielleicht ein etwas ungewöhnlicher Motivationstipp, aber bei uns funktioniert er immer: Der Gedanke an das leckere Essen, das uns zu Hause erwartet (natürlich inklusive Nachtisch), hat uns schon durch viele lange Läufe getragen.

Die Motivationstipps stammen aus dem Kapitel zum langen Lauf aus unserem großen FINISHER-Paket.

Laufe deinen ersten oder schnellsten (Halb-)Marathon!

FINISHER

Das riesige „Must-Have-Rundum-Sorglos-Paket“ für deinen ersten oder schnellsten (Halb-)Marathon: Schon mehr als 2.500 Läuferinnen und Läufer haben sich mit den Tipps, Trainingsplänen und Workouts aus FINISHER ihren sportlichen Traum erfüllt

Bonus-Tipp: Wenn die Natur ruft

Zum Abschluss sollten wir noch kurz über ein Thema sprechen, das uns definitiv alle betrifft: Was machst du, wenn du während eines langen Laufs auf die Toilette musst? Das kann natürlich passieren, gerade wenn du länger als zwei Stunden unterwegs bist.

Im „Notfall“ ist es völlig legitim, wenn du dich im wahrsten Sinne des Wortes in die Büsche schlägst. Nimm dabei aber bitte Rücksicht auf deine Mitmenschen und such dir ein Örtchen mit möglichst gutem Sichtschutz und Abseits der ausgetretenen Pfade (du kannst dir sicher denken warum).

Taschentücher und Toilettenpapier solltest du auf keinen Fall einfach in der Natur zurücklassen, sondern sie im nächstgelegenen Mülleimer entsorgen. Noch besser ist es, wenn du auf „natürliches“ Toilettenpapier (= Blätter) zurückgreifst.

Wenn es dich in der Zivilisation „erwischt“ kannst du nach einer öffentlichen Toilette Ausschau halten oder ins nächste Restaurant oder Café gehen. Natürlich gehört eine Portion Mut dazu, total verschwitzt in ein Café hereinzustolpern und nach der Toilette zu fragen. Aber ganz ehrlich: was kann dir schon passieren?

Wenn ich nett und freundlich gefragt habe, ob ich die Toilette benutzen darf, hat mir bis heute noch niemand diese Bitte abgeschlagen. Und wenn die Toilette wirklich nur für Gäste ist, dann bestellst du dir einfach ein kleines Wasser und nutzt die Gelegenheit für eine zusätzliche Trinkpause!

Und jetzt zu dir: Magst du die langen Läufe, oder sind sie für dich eher ein notwendiges Übel? Welche Tipps kannst du noch mit uns teilen? Ich freue mich auf deinen Kommentar!

Info: Dieser Beitrag ist ursprünglich im Juli 2013 erschienen. Wir haben ihn zuletzt im März 2024 überarbeitet und auf den aktuellsten Stand gebracht.

Der Beitrag Der Survival-Guide für den langen Lauf ist zuerst auf beVegt – vegan leben und laufen erschienen.

Veröffentlicht am
Kategorisiert in Allgemein