Buchbesprechung: Selbstbetrachtungen

Dieser Beitrag enthält eine Rezension (Rezensionsexemplar erhalten) und Affiliate Links. Mehr dazu hier.

Das letzte Jahr stand ganz im Zeichen des Stoizismus. Ob bei „Von der Herausforderung ein Stoiker zu sein“, bei Invicto, bei Mut oder bei Mach die Härte des Lebens zu Deiner Hängematte – um das Thema kamst Du im 2022 nicht herum. Natürlich habe ich mir daher auch überlegt, wie es wäre, einmal eine Originalschrift eines Stoikers zu lesen. Mit Selbstbetrachtungen von Mark Aurel wurde ich fündig.

Der Inhalt

Wer war denn nun dieser Mark Aurel?

Mark Aurel – oder Marcus Aurelius Antonius – war zwischen 161 und 180 Kaiser von Rom. Sein Buch (resp. seine Bücher, welche heute als eines zusammengefasst werden) waren wahrscheinlich nie zur Veröffentlichung gedacht. Er schreibt darin einerseits über die göttliche Ordnung in der Welt und der Rolle des Menschen darin – andererseits aber ermahnt er sich selbst auch immer wieder und zählt zahlreiche Prinzipien oder Lebensregeln auf, nach denen er versucht zu leben.

Von Alexander, dem Platoniker: Dass man es grundsätzlich vermeiden sollte, jemandem zu sagen oder zu schreiben: „Ich bin zu beschäftigt“, ausser es ist absolut nötig. Und sich nicht ständig mit dem Verweis auf den „Druck der Umstände“ den Verpflichtungen zu entziehen, die aus der Beziehung zu den Mitmenschen erwachsen.

Aus „Selbstbetrachtungen“

Ich gebe es zu – bei der kurzen Zusammenfassung oben habe ich mich stark von der Einführung leiten lassen. Schliesslich ist es nicht ganz so einfach, so ein Werk in wenigen Worten zu beschreiben. Grundsätzlich ist es nicht ganz so einfach, ein Buch, das ca. um 170 auf altgriechisch geschrieben wurde, überhaupt zu lesen – oder gar zu verstehen.

Hier kommt nun die vorliegende Edition ins Spiel: Einerseits wurden die Selbstbetrachtungen komplett neu übersetzt. Andererseits – und das war für mich deutlich wichtiger – handelt es sich hierbei um eine kommentierte Edition. Der Autor, Robin Waterfield, hilft Dir an zahlreichen Stellen, die Inhalte besser zu verstehen oder überhaupt erst einordnen zu können.

Dann überlege, was der Geist ist: nicht mehr als Luft, und niemals beständig, ständig ausgestossen und wieder eingesogen.

Aus „Selbstbetrachtungen“

So ist bereits die Einleitung unglaublich spannend und Du erfährst, wie die Selbstbetrachtungen entstanden sind und wie das Weltbild von Mark Aurel aussah. In den folgenden 12 Büchern werden zahlreiche Punkte direkt mit Fussnoten im Detail erläutert. So erfährst Du, um welche Personen es sich z.B. gehandelt hat oder was Mark Aurel mit manchen – durchaus kryptischen – Aussagen wohl gemeint hat.

Während ich grundsätzlich den Stoizismus durchaus interessant finde, konnte ich mit Mark Aurel bis am Schluss nicht so ganz warm werden. Zahlreiche Parts seiner Bücher befassen sich mit dem Tod und unserer Vergänglichkeit, oft wirkte er dabei durchaus sehr düster.

Die Metaphern sind zwar manchmal treffend – oft aber auch nicht wirklich aufbauend – wie wenn der Körper als ein Stück Schleim bezeichnet wird. Der gesamte Ton ist sehr streng, Spass oder gar Lust werden eher verteufelt und manchmal hatte ich fast den Eindruck, dass es ein bisschen depressiv wirkte.

Es macht für ihn nicht den geringsten Unterschied, ob seine Seele kürzer oder länger in seinem Körper verweilt, denn selbst wenn es heute an der Zeit wäre, dass sie ihn verlässt, dann ist er so sehr bereit dazu, dass er geht, als wäre dies einfach nur ein weiterer Schritt, den er auf gewissenhafte und ordentliche Weise erledigt.

Aus „Selbstbetrachtungen“

Ich gebe es an dieser Stelle ganz offen zu: Ohne die tollen Kommentare hätte ich das Buch wahrscheinlich irritiert abgebrochen. Möglicherweise ist Seneca eher etwas für mich – andererseits kenne ich von ihm bisher auch nur einige Zitate – und wer weiss, ob ich mit seinen gesamten Werken wirklich glücklich werden würde.

Durch die Kommentare fiel es mir leichter, die Aussagen einzuordnen und Verständnis dafür zu entwickeln. So gesehen fand ich es durchaus spannend, die Sichtweise von Mark Aurel einmal zu lesen – auch wenn ich das Buch nicht als Ratgeber o.ä. verwenden würde.

Kurz gesagt, betrachte das menschliche Leben als vergänglich und wertlos; gestern noch ein bisschen Schleim, heute eine Mumie oder Asche.

Aus „Selbstbetrachtungen“

Alles in allem ist diese kommentierte Edition sicherlich eine tolle Möglichkeit, sich an Mark Aurel anzunähern – und wer weiss – vielleicht findest Du ja leichter Zugang zu ihm.

Dieser Artikel erschien auf www.eigenerweg.com / Vielen Dank an den FinanzBuch Verlag für das Rezensionsexemplar. Fotos von mir selbst.

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